Text: Whitney Kiala/ Protokoll: Anna K. Baur
„Am 13. Juli 2018 bin ich innerlich gestorben. Ich werde diesen Tag nie vergessen. Ich war am Ende, habe nichts mehr gegessen. Ich bin zusammengebrochen, habe mich auf dem Boden gewälzt. Ich habe geweint, als wäre meine Mutter gestorben. Ich habe in diesem Moment nichts verstanden. Erst Monate später, habe ich realisiert, dass dieser Typ Gift für mich war. Aber am ersten Tag nach der Trennung checkt man das noch nicht. Am ersten Tag fragst du dich ‘Warum ist es passiert?’ und du heulst. ‘Dumme Heulsuse’, denke ich mir jetzt.
Hätte ich ihn nicht kennengelernt und hätten wir uns nicht getrennt, würden wir dieses Gespräch nicht führen. Das Scheitern der Beziehung hat mir die Augen geöffnet, mich verändert, mich inspiriert. Ich bin nicht mehr die Person, die ich vor diesem Tag war. Ich bin definitiv nicht mehr diese Person. Was sich für mich damals als das Schlimmste angefühlt hatte, war das Beste, was mir hätte passieren können.
Wir waren nur ein Jahr lang zusammen. Es war impulsiv, wie in Titanic oder Romeo & Julia. Zwei Kulturen, die nichts miteinander zu tun haben, sind aufeinander geprallt. Ich bin in Eschweiler geboren. Meine Eltern kommen aus dem Kongo. Ich habe ihre Kultur, ihre Sprache, Lingala, auch in mir. Von Deutschen werde ich nie als Deutsche gesehen. Er ist weißer Deutscher. Mit Afrika oder dem Kongo hatte er nichts am Hut. Er hatte diese Stereotypen von Afroamerikanern, wie sie in Hollywood Filmen gezeigt werden. Rassistische Themen hat er in unserer Beziehung immer klein gemacht: ‘Ach Whitney, du übertreibst doch, es hat nichts damit zu tun, dass du Schwarz bist!’. Er hat es persönlich genommen, wenn wir über Rassismus gesprochen haben. Er hat es persönlich genommen, dass ich ihm aufgrund der kurzen Dauer unserer Beziehung, meinen Vater noch nicht vorstellen wollte.
Als ich ihm gesagt habe, dass ich mich nicht mit weißen Frauen identifiziere, sondern mit Schwarzen Frauen, hat er mich gefragt, warum ich mich nicht allgemein mit Frauen identifiziere. Ich habe ihm gesagt, dass weiße Frauen privilegiert sind, weiße Frauen immer gemocht werden, ihre Haare als schöner angesehen werden, sie mehr Modeljobs bekommen, warum sollte ich mich mit Frauen identifizieren, die nicht die gleichen Hürden wie ich nehmen müssen? Das geht nicht. Irgendwann hat es mich so gestört, mit jemandem zusammen zu sein, der nur wegen seiner Hautfarbe privilegiert ist, aber es nicht wahrnimmt, nicht reflektiert. Ich wünsche mir jemanden, der diesen Schmerz versteht. Als mir all das bewusst geworden ist, habe ich gemerkt: ‘I’m out man!’.
Er, die Blicke und Fragen seiner Familie, erst durch diese Beziehung, habe ich realisiert, dass ich Schwarz bin und was das für mich bedeutet. Früher habe ich ‘I’m black and I’m proud!’ einfach daher gesagt, aber es war nicht in meinem Bewusstsein verankert. Ich habe nicht versucht herauszufinden, womit ich mich identifiziere oder wer ich bin. Die Beziehung, das Ende der Beziehung, hat mich befreit, meine Magic aus mir heraus geholt, mir gezeigt, was ich wirklich brauche in meinem Leben. Ich spüre diese Energie, meinen Ursprung und identifiziere mich damit. Ich sehe mich jetzt so wie ich bin, das stärkt mich, gibt mir Frieden.
Ich habe mich entschieden, nicht mehr wie eine Europäerin aussehen zu wollen. Ich trage keine Extensions, keine Wigs, mehr. Ich habe nach der Trennung angefangen zu malen. Ich studiere jetzt Philosophie, Kunst und Social Entrepreneurship und arbeite als Model. Ich habe Hildi kennengelernt, meine Kreativpartnerin, wir verwirklichen zusammen interessante Kunstprojekte. Ich bin auf dem richtigen Weg und dafür bin ich dem Universum dankbar.“
Über die Künstlerin Whitney Kiala
